Hintergrund
Der Spaß an der Vogelbeobachtung, der gemeinnützige Einsatz für den Erhalt der Vogelwelt und das Schaffen großen öffentlichen Interesses, das für die Vermittlung von Themen des Natur– und Vogelschutzes unerlässlich ist — all das verbindet das Birdrace des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten miteinander. Oberflächlich betrachtet mag es zwar nicht nur für Außenstehende, sondern auch für manchen Ornithologen skurril klingen, die Vogelbeobachtung als sportlichen Wettbewerb auszutragen. Doch schon auf den zweiten Blick verbirgt sich dahinter weit mehr als eine Selbstbelustigung von Raritätenjägern. Denn mit Hilfe eines solchen Rennens um Vögel lassen sich – eben wegen des großen medialen Interesses — viele Themen, für die wir uns ehrenamtlich engagieren, ausgezeichnet ins öffentliche Bewusstsein rücken.
Wer rennt und was zählt?
Es rennen also nicht die Vögel, sondern die Beobachter hinter selbigen her. Dabei versuchen ein- bis fünfköpfige Teams innerhalb eines Tages so viele Vogelarten wie möglich zu sehen oder zu hören. Vorab wird vereinbart (v.a. bei mehreren Teams in einer Region wichtig), innerhalb welcher Grenzen beobachtet wird. In der Regel ist das ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt, aber auch die Beschränkung auf eine einzelne Gemeinde ist möglich. Gezählt werden dürfen alle gesehenen oder gehörten frei fliegenden Arten (d.h. außerhalb von Haltungen und Ähnlichem). Gemogelt wird nicht, das gebietet die sportliche Fairness. Und selbstverständlich steht über allem sportlichen Ehrgeiz der Schutz der Natur und der zu dieser Zeit bereits brütenden Arten. „Gerannt“ wird immer am ersten Samstag im Mai (außer, wenn dieser auf den 1. Mai fällt), also ... , , ,
Singvögel bis Grünschnäbel – Wertungen und Rankings
Teams mit Zugang zur Küste haben durch diesen zusätzlichen Lebensraum und die vor allem dort vorkommenden Vogelarten gemeinhin die besten Chancen, die höchste Artenzahl zu erreichen. Seit 2007 gibt es daher die Sonderwertung "Singvögel", um binnenländische Teams eine gleichwertige Chance auf einen Titel zu geben — sozusagen der DFB–Pokal im Birdrace. Auf vielfachen Wunsch wurden ein Jahr später erstmals Teams besonders gekennzeichnet, die ausschließlich umweltfreundlich (meist mit dem Fahrrad) unterwegs sind. Spätestens mit dieser besonderen Kennzeichnung wird das Birdrace tatsächlich zum sportlichen Ereignis: über 100 km mit dem Fahrrad und zu Fuß (und das oft nicht auf komfortabel ausgebauten Wegen), erfordern schon ein gehörige Maß an sportlicher Fitness, zumal man stets aufmerksam bleiben sollte, denn es zählen ja nicht die Kilometer, sondern die beobachteten Vogelarten. Rund die Hälfte der Teams verzichtet alljährlich auf ein Auto und so manches Team hat bereits angekündigt, bei entsprechenden Witterungsverhältnissen diese besondere Herausforderung auch beim nächsten Mal anzunehmen.
Seit 2009 werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter 20 Jahren als „Küken“ besonders hervorgehoben.
2020 mussten beim Birdrace aufgrund der Corona-Pandemie einige organisatorische Umstellungen vorgenommen werden. Kontaktverbot und behördliche Beschränkungen ließen es nicht zu, das Birdrace wie gewohnt von bis zu fünf Personen gemeinsam durchzuführen. Aus diesem Grund wurden die „virtuellen Teams“ ins Leben gerufen und aufgrund der positiven Resonanz seitdem als dauerhafte Möglichkeit der Teilnahme etabliert. Freunde und Bekannte können auf diese Weise landkreis- oder sogar bundeslandübergreifend zwar räumlich getrennt, aber dennoch vereint Arten „sammeln“. Anders als zuvor sind seitdem auch 1-Personen-Teams erlaubt. Ebenfalls 2020 wurde eine neue Kreiswertung beim Birdrace eingeführt. Alle Personen aus einem Kreis sammeln automatisch Arten für das Kreisranking. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer tragen damit Ihren Beitrag zum Gesamtergebnis bei und können ihren Heimatkreis nach vorne bringen.
Das Birdrace erfreut sich Jahr zu Jahr einer zunehmenden Begeisterung und wer das erste Mal teilnimmt, kann sich ab 2022 als „Grünschnäbel“ kennzeichnen.
Kann das Birdrace noch umweltfreundlicher?
Ein zentrales Anliegen des Birdraces und DDA ist es, das Thema Artenvielfalt und deren Erhaltung in die Öffentlichkeit zu tragen. Obgleich das bereits gut gelingt, noch überzeugender wäre es, wenn das Birdrace selbst ein umweltfreundlicher, d.h. CO2-freier, zumindest aber CO2-neutraler Wettbewerb wäre. Die auto-freie Variante des Birdraces erfreut sich zwar einer deutlich wachsenden Beliebtheit, ein Teil der Teams kann (oder will) auch in Zukunft nicht auf ein Auto verzichten. Die Gründe sind vielfältig, sei es, weil der Beobachtungsraum im Mittelgebirge liegt oder weil die körperlichen Anforderungen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer z.B. aus Altersgründen zu hoch wären.
Seit 2014 soll das Birdrace möglichst CO2-neutral gestaltet werden. Alle Teams, die nicht auf ein Auto verzichten können oder wollen, sind deshalb aufgefordert, durch eine CO2-Abgabe in Höhe von z.B. 10 Euro (Empfehlung) ihre CO2-Emissionen zu kompensieren. Die Empfehlung von 10 Euro liegt zwar deutlich über dem vermutlichen CO2-Austoß im Rahmen des Birdraces, aber im Vorfeld des Rennens wird ja so mancher Kilometer verfahren, um sich vorzubereiten. Es steht aber natürlich jedem Team frei, die Höhe der Abgabe entsprechend der tatsächlich gefahrenen Kilometer oder des Spritverbrauchs auszurechnen. Die CO2-Emissionen der auto-freien, aber ggf. Bus oder Bahn nutzenden Teams wird der DDA durch eine Spende an www.prima-klima-weltweit.de pauschal ausgleichen.
Die einen spenden, die anderen rennen — ein Projekt gewinnt!
Doch zu einem Birdrace gehört mehr als nur möglichst viele Vogelarten zu entdecken – auch wenn dies natürlich das Herzstück darstellt. Denn die Teams sind – wenngleich dies keine unbedingte Voraussetzung für die Teilnahme ist – dazu aufgerufen, Spenden für ein jährlich festgelegtes Projekt zu sammeln. Und damit ist, wie sollte es bei einem Wettbewerb auch anders sein, das Rennen um die Auszeichnung als „Birdrace–Spendenkönig“ eröffnet. Ein besonderer Anreiz für die Teams ist es, wenn Unternehmen oder Freunde einen bestimmten Betrag pro Art spenden, denn dann erhöht sich mit jeder neu beobachteten Art gleichzeitig die Spendensumme.
Welches Projekt unterstützt wird, legt die DDA–Mitgliederversammlung jährlich neu fest. In den ersten Jahren flossen die Spenden die das Projekt zum ersten Atlas Deutscher Brutvogelarten (ADEBAR). Stolze 80.000 Euro an Spenden konnten über das Birdrace für dieses Projekt gesammelt werden und haben dazu beigetragen, dass der Atlas bis heute ein wichtiges Grundlagenwerk für Wissenschaft und Naturschutz darstellt. Von 2010 bis 2023 wurden durch die Birdrace-Spenden Aufbau, Unterhalt und Weiterentwicklung des Internetportals ornitho.de unterstützt. Seit 2011 bietet das Portal faszinierende Einblicke in das vogelkundliche Geschehen. Im Frühjahr lässt sich bei ornitho.de beispielsweise der Fortschritt im Frühjahrszug tagesaktuell nachvollziehen, etwa wann und wo die ersten Schwalben beobachtet werden, die ersten Fitisse singen oder wie West- und Ostzieher beim Weißstorch zeitlich gestaffelt in den Brutgebieten ankommen. Schauen Sie am besten selbst einmal vorbei und tragen Sie Ihre Beobachtungen als weitere Mosaiksteinchen eines immer vollständiger werdenden Bildes ein.
2023 fiel der Startschuss für einen neuen Brutvogelatlas (ADEBAR 2). Die letzte bundesweite Erfassung unserer Brutvögel ist inzwischen fast 20 Jahre her. In dieser Zeit hat sich viel getan. Einige Arten sind weiterhin stark gefährdet und rückläufig, andere haben sich ausgebreitet und erholt. Die Ergebnisse der ersten ADEBAR-Kartierung stellten über fast 20 Jahre eine unverzichtbare Grundlage für den angewandten Vogel- und Naturschutz dar. Diese Grundlage muss nun aufgrund der vielen Veränderungen in der Vogelwelt erneuert werden. aher ist die Antwort auf die Frage, „Brauchen wir einen neuen ADEBAR?“ eindeutig: „Ja!“. Mit einfachen, aber dennoch standardisierten Erfassungs- und Auswertungsmethoden soll in den nächsten Jahren eine Inventur unserer Brutvögel stattfinden. Dieses Mammutprojekt möchten wir mit den Spenden des Birdraces unterstützen. Helfen Sie uns dabei! Allen Birdracerinnen und Birdracern sollte es ein großer Ansporn sein, selbst ihren Teil zu diesem Gemeinschaftsprojekt beizutragen!
Flimmern und Rauschen — großes Medienecho
Das Birdrace bietet nicht nur für die teilnehmenden Gruppen zahlreiche spannende und zuweilen auch unverhoffte Augenblicke, auch die Medien greifen dieses erfrischende und interessante Thema gerne auf. Wann findet man sonst schon einmal etwas Interessantes über Naturschutz oder Ornithologie auf der Titelseite der Tagespresse?
Eine Übersicht über das Medienecho bei den Birdraces in den vergangenen Jahren findet sich unter Medien und Presse.
Einmal Birdracer, immer Birdracer
Auch für das Birdrace gilt das olympische Credo: Dabei sein ist alles! Mitmachen kann jede und jeder, egal wie viele Vogelarten man erkennen kann und unabhängig davon, ob Spenden eingeworben werden oder nicht. Jedes Team trägt dazu bei, unser gemeinsames Anliegen, die Freude an der Naturbeobachtung und den Schutz unserer heimischen Vogelwelt, in die Öffentlichkeit zu tragen. Ganz nebenbei wird einem auch deutlich, wie gut man sich in seinem eigenen Landkreis auskennt oder dass „Allerweltsarten“ mitunter gar nicht so leicht zu entdecken sind. Und — das ist doch das Wichtigste — man verbringt mit Freunden und Bekannten einen erlebnisreichen und fröhlichen Tag!
So viele Beobachter können sich nicht täuschen, wenn sie schreiben:
Es hat uns riesigen Spaß gemacht. Wir sind im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder dabei!
Das Birdrace ist ausgezeichnet
Und ausgezeichnet ist auch wörtlich zu nehmen: Im Oktober 2005 wurde den Initiatoren des Birdrace die muna 2005 in der Kategorie Idee/Innovation verliehen. Die muna, der Preis für Mensch und Natur, wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und ZDF.umwelt alljährlich für herausragendes ehrenamtliches Engagement im Naturschutz vergeben.